Im Labor wird das Ejakulat sorgfältig beschriftet und kann nach frühestens 20-30 Minuten untersucht werden. Denn erst nach Ablauf dieser Zeit verflüssigt sich das Ejakulat so, dass es mikroskopisch untersucht werden kann. Für die Untersuchung wird das Ejakulat nochmals mit einer Flüssigkeit vermischt, die man „Zellkulturmedium“ nennt. Das so verdünnte Ejakulat kann nun bearbeitet werden.
Zuerst wird es zentrifugiert. Die Geschwindigkeiten mögen variieren, ich fand 1400 Umdrehungen pro Minute, das entspricht einem ruhig fahrenden Dieselmotor, von außen betrachtet. Innen drin, im Reagenzglas möchte ich lieber nicht sitzen mögen.
Die Zentrifuge lässt die festeren, also die zellulären Bestandteile des Ejakulats sich am Boden des Reagenzglases sammeln, die für eine Befruchtung die maßgebliche Rolle spielen. Diese werden dann untersucht.
Obwohl zumeist sofort mit der Untersuchung begonnen wird, liegt das Ergebnis des Tests, also das Spermiogramm erst nach einigen Tagen vor, denn zu den Untersuchten Größen gehört auch die Lebenszeit der Spermien, und diese muss beobachtet und abgewartet werden.
Physikalische Tests
Äußere Merkmale:
Zunächst wird das Ejakulat nach äußeren Merkmalen untersucht. Hier sind es die Farbe, der Geruch und vor allem die Konsistenz, die beobachtet werden.
Ein gesundes Ejakulat sollte sich nach 20 oder 30 Minuten verflüssigen. Neuere Autoren nennen 60 Minuten. Eine Verfärbung kann ein Hinweis auf Blutspuren im Ejakulat sein, denen der behandelnde Arzt dann natürlich nachgeht.
Volumen:
Das Volumen bezieht sich nicht auf die Menge der Spermien sondern auf die Menge des gesamten Ejakulats. Als normal gelten zwischen 2 und 7 Milliliter. Abweichungen von dieser WHO-Norm können ganz normale Gründe haben, beispielsweise, dass der letzte Samenerguss noch nicht so lange her ist. Manchmal ist es aber auch ein Hinweis auf organische Erkrankungen, beispielsweise auf Entzündungen, innere Verletzungen der Prostata oder aber auf eine mögliche Störung der Bläschendrüsen.
pH-Wert:
Der pH-Wert wird ermittelt. Normal gilt ein Wert von 7,2 bis 7,8.Liegt der Wert darunter, kann dies ein Hinweis auf eine chronische Erkrankung des Mannes sein, liegt er drüber, kann dies ein Hinweis auf eine Infektion oder Entzündung der Samenwege oder der Geschlechtsorgane selbst sein.
Viskosität:
Das Ejakulat darf bei einer Probe, wenn es vom Glas-Stab tropft kurze Fäden bilden, aber keine langen. Zur weiteren Untersuchung muss gegebenenfalls weitere Flüssigkeit hinzu gegeben werden, damit die Untersuchungsergebnisse nicht verfälscht werden.
Spermienkonzentration:
Das Eruieren der Spermienkonzentration wird durch das Auszählen in einem Hygrometer vorgenommen. Hierfür untersucht man definierte Mengen aus unterschiedlichen Verdünnungen des Ejakulats, die in eine Zählkammer (Zytometer) gebracht werden.
Mikroskopische Untersuchung:
Spermienmenge:
In der mikroskopischen Untersuchung wird die Menge der Spermien im Ejakulat ermittelt. Als normal gelten 20 bis 250 Millionen Spermien pro Milliliter.
Beweglichkeit; Mobilität:
Hier wird beobachtet, wie viele Spermien sich aktiv bewegen, und zwar immer im Verhältnis zu denjenigen Spermien, die sich weniger bewegen oder gar nicht. Je höher der Anteil der sich schnell bewegenden Spermien ist, desto besser wird das Spermiogramm bewertet werden. Als normal gilt, wenn 25 % aller Spermien zu den sehr gut beweglichen gezählt werden können und die Anzahl der unbeweglichen unter 50 Prozent liegt. Die kleinen „Faulenzer“ gehören also zu einem jeden normalen Ejakulat dazu. Und es mag uns gerne zum Nachdenken anregen, weshalb die Natur diese zulässt, oder sogar vorsieht.
Die Motilität wird in vier Kategorien eingeteilt:
Ø a: schnell progressiv = schnelle Vorwärtsbewegung
Ø b: progressiv = langsame, träge Vorwärtsbewegung
Ø c: nicht progressiv = nur lokale Beweglichkeit, Kreisschwimmer
Ø d: immotil = keine Beweglichkeit, Faulenzer
Sogar die Strecke, die ein Spermium in einer festgesetzten Zeit bei einer bestimmten Temperatur zurücklegt, ist definiert. Als schnell, also „schnell progessiv“ gelten sie, wenn sie mindestens 25 Mikrometer pro Sekunde bei 37 Grad oder mindestens 20 Mikrometer bei 20 Grad zurück legen. Als sehr langsam, also „nicht progressiv“ gelten sie, wenn die Strecke unter 5 Mikrometer pro Sekunde liegt. Neuerdings können die zurück gelegten Strecken optisch von einem Computer erfasst und über eine spezielle Software automatisch eingestuft werden.
Form: Morphologie
Auch auf ihre Form hin werden die Spermien unter dem Mikroskop untersucht. Man betrachtet hier, ob sie eine schöne ovale Kopfform haben, ob das Mittelteil intakt ist und ob das Schwanzteil unauffällig ist. Für ein als normal geltendes Spermiogramm sollten bisher über 30 % der Spermien äußerlich unauffällig sein.
Neuerdings lockert man aber die Anforderungen an die Form der Spermien und formuliert es anders: Erst, wenn der Anteil der beweglichen Spermien unter 15 % liegt, ist damit zu rechnen, dass die Erfolgschance einer medizinisch unterstützten Befruchtung dadurch beeinträchtigt ist. W
Während in der Ausgabe von 1992[2] noch der Grenzwert für den Anteil normal geformter Spermatozoen mit 30 % festgelegt war, findet sich in der aktuell gültigen Ausgabe[1] kein definierter Referenzwert, sondern lediglich ein Hinweis, dass in vitro die Fertilisierungsraten erst dann absinken, wenn dieser Anteil unter 15 % abfällt. In multizentrischen Studien sollen weitere Daten erhoben werden, anhand derer eine geeignete Methode und Grenzwert ermittelt werden kann.
Anteil lebender Spermien: Vitalität:
Um heraus zu finden, wie viele lebende Spermien sich im Ejakulat befinden, gibt man Eosin, einen roten Farbstoff hinzu. Dieser Farbstoff kann durch nicht in das Zellinnere der Spermien gelangen, während ihm dies bei abgestorbenen Spermien aber sehr wohl möglich ist. So färben sich die nicht lebenden Spermien rot und können unter dem Mikroskop ausgezählt werden.
Biochemische Tests:
Fructose:
Die Samenbläschen steuern dem Ejakulat optimalerweise Fructose hinzu. Somit bekommen sie sozusagen einen kleinen Kraftspender mit auf den Weg zur Eizelle.
α-Glukosidase:
Wird in dals Nebenprodukt der Spermienherstellung in den Nebenhoden produziert und gibt einen Hinweis auf die Anlage weiterer Spermien.
Antikörper:
Es ist möglich, dass in einem Ejakulat Antikörper vorkommen. Dieses sind Antikörper , die sich gegen die eigenen Spermien richten und diese so hemmen.
Weitere Parameter:
Es wird außerdem gemessen, ob ein Spermiogramm weiße Blutkörperchen enthält, Bakterien oder Zink.
Auch Entzündungsparameter können ermittelt werden, ebenso wie Hinweise auf Störungen der Nebenhoden.
In der Werbung wird vielerorts ein Schnelltest zur Spermienqualität angeboten. Zu diesem Zeitpunkt ist die Aussagekraft eines solchen Tests keinesfalls mit der eines Spermiogramms zu vergleichen. Der Schnelltest gibt nur Teilbereiche eines Spermiogramms wieder.
Birgit Zart 2010