Aconitum ist eine Arznei aus der Homöopathie.
Wenn ihr nun vielleicht eure häuslichen Homöopathiebücher aufschlagt, dann werdet ihr dort viele Indikationen und Anwendungsbereiche für diese Arznei finden.
Hier möchte ich mich nur auf seine Anwendung in der Kinderwunschpraxis beschränken.
Aconit ist vielleicht unser stürmischstes Mittel. Stürmisch in verschiedenen Aspekten. Einmal bezieht es sich auf den Charakter von Beschwerden. Wenn Krankheiten einen stürmischen Verlauf haben, wie zum Beispiel Fieber, dann wird Aconit das Mittel der Wahl sein.
Zum anderen aber bezieht es sich aber auch auf die Umstände der Symptomenentstehung.
Immer, wenn plötzliche, unerwartete Dinge in unserem Leben geschehen, und ganz besonders auch noch dann, wenn sie mit einem Schrecken oder einem schockartigen Zustand oder schmerzlichen Erfahrungen und Angst einhergehen, dann wird uns hier Aconit weiterhelfen können.
Wie kann man nun erkennen, wann wir Aconit brauchen?
Ehrlich gesagt, man muss es gar nicht erkennen. Ich bin mittlerweile dazu übergegangen, Aconit zu empfehlen, wenn ein solches plötzliches , schmerzhaftes Ereignis in der Äthiologie anzunehmen ist. Oft entstehen dann Blockaden, und andere Mittel wollen einfach nicht wirken , oder der Behandlungsverlauf kommt nur stockend voran.
Dann ist es oft Aconit, welches die Blockade aufzulösen vermag, und danach laufen auch die anderen angezeigten Mittel wieder prima.
Übrigens kann dieses plötzliche Trauma sowohl körperlicher als auch seelischer Natur sein.
So findet es Anwendung nach jeder Art von Schock, nach jeder Art von Unfällen.
Finden wir dann noch Symptome, die seit dem „Schrecken“ auftreten und sich beharrlich seit dem halten, dann wird Aconit noch wichtiger.
Ich möchte euch da mal ein Beispiel aus meiner Praktikumszeit geben. Da kam eine ganz verzweifelte Mutter mit ihrem Adoptivkind. Das nun etwa 6 –jährige Kind hatte plötzlich begonnen, wieder einzunässen, und das, nachdem es längst schon „sauber“ gewesen war, trotz der vorangegangenen Jahre an Heimaufenthalt.
Die üblichen Mittel versagten. Also versuchten wir mehr über Zeitpunkt und Umstände herauszufinden, die mit dem Beginn dieser Symptomatik einhergingen.
Nach vielem Fragen und Forschen gab das kleine Mädchen dann selbst die Erklärung ab:
Sie hatte eines Tages ihre kleine Freundin besucht, als diese wohl etwas ungehorsam ihrer Mutter gegenüber war. Die Mutter hatte daraufhin ihrer Tochter gedroht: „Wenn du nicht sofort artig bist, dann kommst du in ein Heim!“.
Eine solche Drohung ist schlimm genug.
Wie viel schlimmer aber noch, muss sie gewesen sein, für unsere kleine Patientin, die jahrelang durch diese schmerzliche Erfahrung gegangen war. Sie war längst glücklich und zufrieden und sehr geliebt von ihren Adoptiveltern. Die Möglichkeit, vielleicht durch einen „Fehler“ wieder ins gerade eben verkraftete Kinderheim zurück zu müssen, war ihr bis dahin nicht in den Sinn gekommen.
Die Äußerung der Mutter ihrer kleinen Freundin hatte sie in Angst und Schrecken versetzt.
Und seit dem nässte sie ein.
Eine einzige Gabe Aconitum brachte ganz rasch wieder alles ins Lot.
Hilfreich waren auch bestimmt, die beruhigen und tröstenden Worte der Adoptivmutter, die ihrem Kind erklärte, dass es auch ganz bestimmt nicht wieder in ein Heim müsse, auch dann nicht, wenn es vielleicht einmal ungehorsam wäre.
Wir treffen hier wieder einmal das unumstößliche Gesetz von Ursache und Wirkung an, ohne dass die Homöopathie nicht das wäre, was sie ist.
Wenn wir nun das Ursachenprinzip von Aconit ein wenig angerissen haben, dann können wir uns jetzt einmal fragen, welche Situationen und Umstände es denn sein könnten, die es in der Kinderwunschpraxis erforderlich machen.
Es ist das Trauma im weitesten Sinne.
Ein solches Traum kann jede Fehlgeburt sein, und zwar auch hier sowohl in der körperlichen wie auch in der geistigen Ebene.
Da kann es also gut sein, dass eine Frau inzwischen gut klarkommt, mit ihrem Verlust, der Körper jedoch nicht. Vielleicht ist er in eine Art Verharrung geraten bei all den medizinischen Manipulationen, vielleicht ging es ihm alles zu plötzlich, vielleicht konnte er gar nicht so schnell umstellen von „schwanger“ auf „nichtschwanger“.
Eine weitere, sehr häufige Indikation, ist der versteckte Schock.
Das ist dann die Situation, die uns weismachen will, wir hatten längst alles überwunden, aber bei genauerem Hinsehen bemerken wir (oder auch nicht J ), dass unsere Seele aber doch einen Schmerz erfahren hat, der so schnell dann doch nicht überwunden war.
Es gibt auch häufig Fälle, in denen dieses Trauma weit zurück, in der eigenen Kindheit entstanden ist. Vielleicht hat uns unsere Mutter einmal als "Rabenmutter" tituliert, weil wir unsere Lieblingspüppi freudig durch die Gegend geworfen haben. Vielleicht kritisieren wir einige Dinge unserer eigenen Kindheit, kritisieren unsere eigenen Eltern, und damit - unterbewusst - auch uns selbst. Es gibt wirklich unzählige Möglichkeiten, und meinem Erfahrungsschatz gesellen sich täglich neue hinzu.
Die Antwort erleben wir dann oft nach der Einnahme von Aconit: Die unterdrückten Prozesse, Gedanken, Gefühle kommen wieder an die Oberfläche, vielleicht träumen wir sehr intensiv. Vielleicht fallen uns Geschichten aus unserer Vergangenheit wieder ein, vielleicht suchen wir plötzlich ein versöhnendes Gespräch mit unseren Eltern.
Auf jeden Fall kommen sie an die Oberfläche. Auf die eine oder andere Art.
Meist tun sie dies auf eine sehr angenehme Art, die wir eher als Entlastung empfinden, oder wir bemerken, dass wir uns friedlicher, reiner oder abgeklärter mit den alten Themen beschäftigen können. Oft entsteht auch das tiefe Bedürfnis nach Klärung alter Angelegenheiten. Aber auch ganz oft können wir es nicht genau benennen, nur sehr leise spüren.
Wenn dann alles Unterdrückte hervorgekramt ist, der Schock geheilt, dann ist somit auch die Blockade gebrochen – die anderen Mittel laufen wieder.
Auch Angst allein kann schon eine Indikation für Aconit sein, zum Beispiel, die Angst, KEINE Kinder bekommen zu können.
Oder die tiefsitzende Angst, falls es zu einer Schwangerschaft kommt, dann vielleicht gar keine Mutter sein zu können.
Besonders Ängste können vielerlei Gesichter haben, und meistens liegen sie versteckt.
Bevor ich also Gefahr laufe, in einen Behandlungsverlauf mit den üblichen homöopathischen Kinderwunschmittel zu geraten, der einfach nicht so richtig laufen will, der vielleicht ganz gute Reaktionen bringt, die dann aber bald auch wieder zurückgehen, bevor ich es riskiere, wegen nur einer einzigen Blockade, die ganze Kinderwunscharbeit unnötig in die Länge zu ziehen, da gehe ich doch lieber auf "Nummer sicher" und räume eventuelle Blockaden gleich von vernherein aus.
Und- sein wir doch mal ehrlich. Welche von uns könnte denn die Hand ins Feuer legen dafür, dass sie mit Sicherheit behauptet, es gäbe in ihrer Lebensgeschichte unter Garantie KEIN Trauma, sei es auch noch so klitzeklein?
Zu alledem ist Aconit ein Mittel, was den meisten Menschen Freude macht durch seine aufklärende, freundliche und entschleiernde Art.
Aconit kann ein wunderbarer Helfer und Schritt sein, den Genesungsweg mit dem Bewusstsein zu beginnen.
Anwendung:
Neben der guten, alten Arnica, ist Aconit DAS Traumamittel überhaupt. Steht sie in unserem Schrank, dann sollte sie wirklich direkt neben der Arnika platziert sein, denn oft braucht man sie beide.
Bei Verletzungen, klinischen Eingriffen, kleineren aber auch größeren Unfällen und Schrecken kann man beide Mittel in der C 30 geben. Je eine einmalige Gabe von 10 Kügelchen.
Die C 30 ist also grundsätzlich die richtige Potenz. Eure Homöopathen können unter Umständen auch in höhere Potenzen wechseln. In meiner Praxis gebe ich manchmal einer C 1000, wenn das Trauma schon etwas länger zurück liegt , oder besonders tiefgreifend ist. Frauen bereits eine oder mehrere Fehlgeburten hatten, die entweder sehr traumatisch waren, oder/ und sehr weit zurück liegen. Wenn eine Ausschabung oder ein Kaiserschnitt erfolgt war, (dann gebe ich außerdem noch Arnika C 1000) Doch dies ist ein Signal an Eure Homöopathen. Wer selbst Erfahrungen mit der homöopathischen Vor-und Nachsorge sammeln möchte, liegt in der Wahl einer C 30 immer richtig! Somit ist damit eine homöopathische Nachsorge erfolgt, und sichergestellt, dass dann weitere, aufbauende, vielleicht auf eine neuerliche Schwangerschaft hinsteuernde Mittel auch laufen, und der Kurverlauf nicht nicht mehr andauernd ins Stocken gerät. Außerdem wird wunderbar die Ordnung eingehalten: Man baut ein neues Haus vom Keller auf, nicht vom Dach, also: erst kommt die Nachsorge, dann die Kinderwunschbehandlung.